Als Vermieter bekomme ich immer wieder dieselben Fragen: Wann kann ich Sanierungskosten sofort steuerlich geltend machen, und wann handelt es sich um anschaffungsnahen Herstellungsaufwand, der über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden muss? In diesem Beitrag erkläre ich praxisnah, wie das deutsche Steuerrecht zwischen Erhaltungsaufwand, Herstellungsaufwand und anschaffungsnahen Kosten unterscheidet, welche steuerlichen Folgen das hat und wie Sie als Vermieter am sinnvollsten vorgehen — mit Beispielen, Checklisten und konkreten Handlungsempfehlungen.

Grundbegriffe: Erhaltungsaufwand vs. Herstellungsaufwand

Für meine Mandanten und beim eigenen Bestand ist die Unterscheidung zentral:

  • Erhaltungsaufwand sind Maßnahmen, die den ursprünglichen Zustand erhalten oder wiederherstellen (z. B. Dachreparatur, Anstrich, Austausch defekter Leitungen). Solche Aufwendungen können grundsätzlich als Werbungskosten in voller Höhe im Jahr der Zahlung abgezogen werden.
  • Herstellungsaufwand bewirkt eine nachhaltige Verbesserung oder Erweiterung der wirtschaftlichen Substanz des Gebäudes (z. B. Einbau eines neuen Aufzugs, Aufstockung, umfanghafte energetische Modernisierung). Diese Kosten müssen aktiviert und über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden (AfA).
  • Wichtig ist: Es gibt keinen klar sichtbaren "Schalter" — die Abgrenzung ist oft einzelfallabhängig und muss anhand Umfang, Zweck und Ergebnis der Maßnahme beurteilt werden.

    Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand: Was bedeutet das konkret?

    Besonders sensibel ist der Fall, wenn größere Arbeiten kurz nach dem Ankauf stattfinden. Hier greift die Regel des anschaffungsnahen Herstellungsaufwands. In der Praxis heißt das:

  • Werden innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Anschaffung/Lieferung umfangreiche Maßnahmen durchgeführt, können diese nicht als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand gelten, sondern gelten als anschaffungsnahe Herstellungskosten und müssen aktiviert werden.
  • Es gibt eine prozentuale Schwelle (häufig angewendet: 15 % der Anschaffungskosten) und eine zeitliche Komponente (bei vielen Prüfungen geht es um die ersten Jahre nach Erwerb). Überschreitet die Summe der Maßnahmen diese Schwelle, erfolgt eine Aktivierung.
  • Die genaue Auslegung kann je nach Einzelfall und Finanzamt variieren; in Zweifelsfällen empfehle ich unbedingt Rücksprache mit dem Steuerberater oder — bei größeren Projekten — eine verbindliche Auskunft.

    Steuerliche Folgen im Überblick

    Art der Kosten Steuerliche Behandlung Praktische Folge
    Erhaltungsaufwand Werbungskosten, sofort abziehbar Volle Minderung des zu versteuernden Einkommens im Jahr der Zahlung
    Herstellungsaufwand / anschaffungsnah Aktivierung, AfA über Nutzungsdauer Steuerliche Wirkung verteilt sich über viele Jahre

    Konkretes Rechenbeispiel

    Damit das praktisch sichtbar wird: Angenommen, ein Wohnhaus wurde gekauft und es fallen unmittelbar Sanierungskosten in Höhe von 30.000 € an. Nehmen wir weiter an, die Anschaffungskosten des Gebäudes (ohne Grund und Boden) betrugen 200.000 €.

  • Variante Erhaltungsaufwand (sofort abziehbar): 30.000 € vermindern das zu versteuernde Einkommen im Anschaffungsjahr.
  • Variante anschaffungsnah / AfA: 30.000 € werden aktiviert und über 50 Jahre (lineare AfA 2 % p.a.) abgeschrieben: das ergibt 600 € AfA pro Jahr.
  • Das ist ein großer Unterschied für die Liquidität und Steuerlast im ersten Jahr: Sofortabzug ist deutlich vorteilhafter für das Jahr der Investition. Andererseits kann eine gestreckte Abschreibung bei sehr hohen Gewinnen in Folgejahren sinnvoller sein.

    Weitere steuerliche Fördermöglichkeiten und Besonderheiten

  • Handwerkerkosten/Arbeitslohn: Für Privatpersonen gibt es den Steuerbonus für Handwerkerleistungen (20 % der Arbeitskosten bis zu einem bestimmten Höchstbetrag). Bei Vermietung sind Arbeitslohnanteile hingegen typischerweise als Werbungskosten abziehbar — hier ist eine saubere Aufschlüsselung der Rechnung wichtig.
  • Energetische Sanierung: Neben AfA gibt es Förderprogramme (KfW-Darlehen, Zuschüsse) und seit einiger Zeit steuerliche Fördermöglichkeiten für energetische Maßnahmen. Die Kombination aus Förderung (z. B. KfW/BAFA), Zuschuss und steuerlicher Behandlung sollte früh geplant werden, weil Zuschüsse Einfluss auf die Aktivierungspflicht haben können.
  • Sonderabschreibungen: Unter bestimmten Voraussetzungen (denkmalgeschützte Immobilien, regionale Fördermaßnahmen) können Sonderabschreibungen gelten. Das prüfe ich immer projektbezogen.
  • Praxis-Tipps: So vermeide ich Fehler bei Rechnungen und Dokumentation

  • Bestehen Sie auf detaillierten Rechnungen, die Arbeitslohn und Materialkosten getrennt ausweisen. Viele Finanzämter prüfen diese Aufschlüsselung, weil Arbeitslohn oft anders zu behandeln ist als Material.
  • Dokumentieren Sie den Zustand vor und nach der Sanierung (Fotos, Gutachten, Übergabeprotokolle). Das hilft bei der Abgrenzung zwischen Erhaltungs- und Herstellungsaufwand.
  • Führen Sie eine Kostenaufstellung pro Maßnahme (z. B. Heizungswechsel, Badmodernisierung, Dachdämmung). So lässt sich leichter argumentieren, welche Teile als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar sind.
  • Beachten Sie die Zeiträume nach dem Erwerb: Planen Sie größere Modernisierungen nicht direkt nach dem Kauf, wenn Sie den sofortigen Abzug wünschen — oder Sie kalkulieren gleich mit Aktivierung.
  • Praktische Entscheidungswege — wie ich vorgehe

    In meiner Beratung folge ich einem klaren Ablauf:

  • 1) Erste Prüfung der Maßnahme: Handelt es sich um Erhalt oder um nachhaltige Verbesserung?
  • 2) Kostenkalkulation im Verhältnis zu den Anschaffungskosten: Liegt ein Risiko der anschaffungsnahen Behandlung vor?
  • 3) Prüfung von Fördermitteln (KfW, BAFA) und deren Auswirkung auf die steuerliche Behandlung.
  • 4) Falls unklar: Einholung einer steuerlichen Sonderberatung oder eines Gutachtens, insbesondere bei großen Investitionsvolumina.
  • Fallstricke, die ich häufig sehe

  • Unzureichende Rechnungsaufteilung: Viele Vermieter verlieren sofortige Werbungskosten, weil Reparaturrechnungen nicht detailliert genug sind.
  • Falsche Erwartungen bei Fördermitteln: Manche Zuschüsse führen zur Kürzung aktivierungspflichtiger Kosten — das muss in der Finanzplanung berücksichtigt werden.
  • Timing-Probleme: Sofort nach Kauf zu investieren kann steuerlich ungünstig sein, wenn die Maßnahme als anschaffungsnah qualifiziert wird.
  • Wenn Sie möchten, kann ich für ein konkretes Objekt eine Checkliste erstellen oder mit Ihnen zusammenrechnen, welche steuerliche Behandlung voraussichtlich günstiger ist — abhängig von Ihrer Einkommenssituation, Ihren Liquiditätszielen und den geplanten Maßnahmen. Sprechen Sie mich gern an; ich beantworte solche Fälle persönlich und praxisorientiert.